Donnerstag, der 23.06.2005, 12:30 Uhr. Es ist 35 Grad heiß, und ich bin unterwegs auf der A 6 irgendwo zwischen Heidelberg und Heibronn. Es ist zwar brütend heiß, und ich koche in meinen Motorradklamotten sanft auf kleiner Flamme gar, aber im großen und ganzen ist es ein klasse Tag. Ich komme gut voran, der Fahrtwind hält die Temperaturen in erträglichen Grenzen. Doch das Unheil naht- in Form einer Autobahnbaustelle. Kurze zeit darauf ist es soweit: Stau!
Nichts bewegt sich mehr. Keine Chance, meine Maschine im vollen Urlaubstrimm mit Koffern, Zelt und Gepäckrolle zwischen den Autoschlangen hindurchzuzwängen. Ich stelle mich brav und gottergeben in der Schlange an. Wenigstens steht nicht alles lange still, sondern die Schlange und ich bewegen uns mit etwa 20 Stundenkilometern vorwärts. Leider reicht diese Geschwindigkeit aber nicht aus, um einen Motorradfahrer auf funktionsfähige Temperaturen herunterzukühlen.
Mir ist warm.
Ich öffne die Klettverschlüsse meiner Jacke, die ich eigentlich eh nur wegen der Insekteneinschläge zugemacht hatte. Eine warme, feuchte Dampfwolke steigt hoch. Ich trage nur ein T-Shirt unter der Texjacke, und es ist bereits klatschnaß. Trotzdem steigt meine Körpertemperatur weiter an. Mein Kopf fühlt sich an, als wenn er nur noch durch den eng sitzenden Helm am Platzen gehindert wird. Mir wird leicht schwindelig.
Da, eine Nothaltebucht! Schnell schlüpfe ich mit dem schweren Motorrad hinein. Seitenständer raus, absitzen, bloß diese Jacke ausziehen! Handschuhe trage ich schon seit vielen Kilometern nicht mehr. Schnell alles ins Topcase gestopft, aufsitzen und weiterfahren.Eine knappe dreiviertel Stunde darauf löst sich der Stau auf, und es geht wieder etwas zügiger vorwärts. So bei 80 bis 100 Km/h fährt es sich echt angenehm "oben ohne"! Mein T-Shirt ist bald wieder trocken, es flattert ein wenig im Fahrtwind. Bald darauf ist die Strecke wieder frei, und ich beschleunige auf mein Reisetempo von 130 - 140 Km/h. So reite ich weiter, in etwa zwei Stunden werde ich mein Ziel erreicht haben, irgendwo in der fränkischen Schweiz zwischen Nürnberg und Bamberg. Ich will dort ein Motorradtreffen besuchen.
Der Wind spielt schelmisch um meinen Luxusbody. Es ist toll, so dahinzugleiten! Ich komme mir vor wie Easy Rider für Arme. Wie habe ich das bloß in der Jacke ausgehalten? Achso, Jacke. Inzwischen sind knapp anderthalb Stunden vergangen, die ich mit bloßen Armen in der prallen Mittagssonne unterwegs bin. Sollte ich vielleicht doch mal darüber nachdenken, meine Joppe wieder überzuziehen? Meine Arme haben schon so einen verräterischen rötlichen Schimmer bekommen... Das kann noch kein richtiger Sonnenbrand sein, denn ich spüre fast nichts von einem Kribbeln oder Brennen. Ich beschließe also, noch ein bißchen so weiterzufahren, wie ich bin.
Noch eine halbe Stunde später, und ich verlasse die Autobahn. Jetzt husche ich durch beschauliche bayerische Dörfer. Mit 20, 30, machmal 40 Sachen durch verwinkelte Gassen, mit 80 bis 100 über die kurvigen Landstraßen. Eine tolle Tour, aber irgendwie habe ich jetzt, so ohne den Fahrtwind, ein merkwürdiges Brennen an den Armen...
Eine Viertelstunde später bin ich am Ziel. Sofort springen mich ein Haufen Leute an: "Scheiße, wie siehst Du denn aus?!" - "Danke, Dein Gesicht gefällt mir auch nicht." - "Nee, ich meine Deine Arme!" Ja, jetzt hat mich der Sonnenbrand voll erwischt. Ich leuchte. Es brennt. Ich ahne zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was später unter der warmen Dusche passieren wird...
Ich ahne auch noch nicht, daß ich drei Wochen danach immer noch aussehen werde wie ein Leprakranker, dem die Haut in Fetzen von den Armen fällt...